Königin und Kojoten | Orfa Alarcón
Analytische Inhaltsangabe
Monterrey, Nord-Mexiko. Fernanda wurde Zeugin, wie ihr Vater ihre Mutter umbrachte. Seitdem sucht sie Schutz und Sicherheit um jeden Preis; auch wenn es heisst, mit einem der berüchtigten Drogenbosse der Stadt zusammen zu leben. Gewalt in jeder Form ist Fernandas Alltag; sie arrangiert sich mit ihr, sie thront wie eine Königin unter Kojoten.
Typographie und Design
Begegnen sich hier und kreieren missverständliche Ecken, es ist nicht alles gerade in diesem Buch.
Übersetzung
Der Rhythmus wurde übertragen, der Ton bleibt rau.
Orfa Alarcón
Die Autorin ist 1979 in Monterrey geboren und dieses Buch ist ihr erster Roman.
Traumreiseziel
Monterrey; Mexiko.
Fernandas Haus
Der Verlust ihrer Freiheit und Selbstbestimmung, weil Fernanda in der Stadtwohnung ausgehalten und von Leibwächtern, den Kojoten, auf Schritt und Tritt bewacht wird;
Die absolute finanzielle Abhängigkeit,
denn Fernanda giert nach Luxuskarossen, Gucci Klamotten, Non-Stop-Shopping, nach den Privilegien höherer Ausbildung, die ohne Geld nicht zustande kommt und Leistung zur Nebensache machen lässt;
Emotionelle Gewalt,
weil Fernanda nach Anerkennung, Liebe, Zuwendung giert, doch Anerkennung folgt dem Schein und der Todesangst, und Liebe korrumpiert sich zu Macht und Gewalt über den Besitz ihres Körpers und über die Kontrolle ihrer Angst;
Körperliche und psychische Gewalt, deren Sex nur ein Teil ist, weil Angst die Über-Macht hat. Fernanda fürchtet sich vor Einsamkeit; sie hat Angst um Schwester und minderjährige Nichte, von deren Schicksal, weil sie mit ihr verwandt sind;
Verbale Gewalt,
denn in Worte verkleidete Erniedrigungen untergehen im Nebel körperlicher Schmerzen;
Beliebigkeit der Sex-Partner, die ihren Kopf riskieren, wenn ihre von der Lebensdauer einer Eintagsfliege bedingte Affäre Fernandas personifiziertem Schutz- und Rachegeist Julio zu Ohren kommt. Die Frau an seiner Seite hat zu gehorchen, denn sie ist sein Eigentum, sie bekommt die Illusion des Reichtums geschenkt.
Ihre Todesangst, an ihrem einzigen sicheren Hafen nicht mehr andocken zu können, dem gewaltbereiten Liebhaber, bestimmt ihr Flattern zwischen ihm und Möchtegern-Herausforderern, dem berauschten Schwanken zwischen geträumter Freiheit und erlebter Sklaverei; die allmächtige Angst definiert Fernandas Tagesgeschäfte, lähmt ihre Gedanken, betäubt ihre Sinne.
Im Rhythmus bestimmter mexikanischer Hip-Hop-Lieder
– siehe Orfa Alarcón, Königin und Kojoten, Anhang – steigert sich die von der Hauptfigur erzählte Handlung, erreicht Höhepunkte, fährt an kurzen gewaltlosen Augenblicken der Rast, des Nichtstuns, der Langeweile vorbei, um sich wieder zuzuspitzen. Am Ende wartet die Gewalt als gewohnt zuverlässiger Begleiter Fernandas, nur diesmal dreht sie den Spieß um; sie benutzt die Macht der Angst, um andere zu vernichten; vehement, skrupellos, gnadenlos, zielstrebig; das Opfer verdrängt die Option zum Ausstieg aus dem Rad der Gewalt; sie wird zur Täterin.
Orfa Alarcóns Debütroman Königin und Kojoten ist Milieustudie und Chronik des persönlichen Schicksals einer zur Gewaltfurie entfesselten Frau in Fesseln ohne sichtbaren Ausweg.
Wirtschaft
Tourismus, Musik.
Literaturhinweis
Orfa Alarcón, Königin und Kojoten, Verlag Klaus Wagenbach Berlin 2014, 14,90€.