Die letzte Französin | Jérôme Leroy

BUCHCOVER
Die letzte Französin

Ein Hof. Eine Hochhaussiedlung. Baustelle. Container. Eine Gestalt, die unerkannt bleibt, denn sie kehrt uns den Rücken. Die Kommunikation erreicht ihren tiefsten Punkt. Innenansicht und gleichzeitig Außenansicht. Fotografie oder Malerei? Rückseite eines Porträts. Die Grenzen sind nah, die Welt hinter den Mauern bleibt unsichtbar. Oder ist es die Welt vor den Mauern? Ästhetik und ein Moment des Innehaltens tauchen zwischen Steinen auf. Eine Rothaarige, die von einem hier auf dem Buchcover nicht sichtbaren Chauvinisten idealisiert wird. Perspektiven und Farben ergänzen das Spiel um die Wahrnehmung und betonen die Einsamkeit der Figur in der Mitte des Bildes. Gelassen und entschieden, ein Tag wie jeder andere, nichtsahnend. Der Mensch in einem Ort, das was in den Köpfen vorgeht, was für andere versteckt bleibt, ist so wichtig, dass der Schauplatz beliebig wird. Und trotzdem einzigartig.

 

Die Infos zum Buch

Autor: Jérôme Leroy
Verlag: Edition Nautilus GmbH
Übersetzung: Cornelia Wend
Erschienen: März 2025
Umfang: 104 Seiten
Preis: €16,00 (de)
ISBN: 978-3-96054-387-9

ZIELGRUPPE

Frankreich. Der patriotische Block, das sind in diesem Kontext die Rechtsextremen, haben die Mehrheit. Die Angst vor Terrorismus ist die treibende Kraft. Diese wirft alle in einen Topf und reagiert panisch auf gefühlte Bedrohungen. Eine Eskalation ist unvermeidbar. Die Polizei gerät mit dem Geheimdienst aneinander, hat jede Menge Klärungsbedarf in den eigenen Reihen und zeigt sich überfordert. Wie eine Gruppe austickt und die Gruppenleitung die Kontrolle verliert. Dabei wird das unscheinbarste Glied an der Kette für alle lebensgefährlich und trotzdem bis zum letzten Augenblick ignoriert. Ein Teil der Gesellschaft ist im Ausnahmezustand und die Exekutive in Erklärungsnot. Eine nicht endende Kette von Tätern, die sich ergänzen und ersetzen, wenn eine:r von ihnen ausfällt. Die Dynamik von Milieus in einer Schule ist hier am Beispiel einer Krise, die droht zu eskalieren, umrissen. Gewalt und ihre Erscheinungsformen als Machtinstrument der Menge sowie auch der Einzelnen.

Kiki’s Rezension: Die letzte Französin

EINLEITUNG

In der Vorstadt einer anonymen Hafenstadt im Westen (Frankreichs) geht nicht alles mit rechten Dingen zu. Die Nerven liegen blank. Bei den Guten und bei den Bösen. Auch die Streifenpolizei und der Inlandsgeheimdienst schicken ihre Vertreter:innen los, um die Ordnung im Viertel wiederherzustellen. Dabei erkennen sie nicht, dass sie beide den Ordnungsmächten angehören. Am Ende gibt es mehr als einen Toten. Weil der Polizist, der geschossen hat, den Geheimdienstler, der Undercover ermittelte, als potentielle Gefahr aus dem arabischen Spektrum verstand und ihn eliminierte. Der Täter aus den Polizeireihen kommt mit einem blauen Auge davon und ändert seine politischen und privaten Ansichten radikal, während der erschossene Geheimdienstler, dessen Herkunft tatsächlich in der arabischen Welt liegt, posthum ausgezeichnet wird.

 

 

INHALTSANGABE
Die letzte Französin

Bei einem Zwischenfall in einer verrufenen Hochhaussiedlung am Rand einer Großstadt beginnt ein Desaster für die ermittelnden Behörden. In der Annahme, dass ein Attentäter sich ihm nähert, erschießt ein Brigadier der Police Municipale und ehemaliger Militär die verdächtige Person, die ein in der Terrorabwehr tätiger Geheimdienstmitarbeiter ist. Aufgrund eines Abstimmungsproblems zwischen den ermittelnden Diensten tappen diese im Dunkeln und beginnen zu hyperventilieren. Ihnen fehlt die Information, wer der Attentäter ist und wo das Attentat stattfinden wird. So sind ihre Präventivmaßnahmen mindestens einen Schritt hinter einer Abfolge von Taten, die losgetreten wurden, als der Informant, seine Mörder und kurz darauf der getötete Undercoveragent starben.

 

 

INHALTSANALYSE & CHARAKTERISIERUNG

Der getötete Geheimdienstler

Er wird für den Verfassungsschutz arbeiten, dabei glaubt er die muslimische Community, der er angehört, davor schützen zu können, nach dem 11. September 2001 unter Generalverdacht gestellt zu werden, was genau in der Zeit danach passieren sollte. Als er in eine Falle hineinstolpert, zeigt er kein Erbarmen. Die Information, die er bekommt, dass ein Attentat geplant ist, nutzt ihm und seiner Behörde nichts, denn kurze Zeit später ist er tot und die Durchsuchungen, die daraufhin im Viertel folgen, bleiben ergebnislos.

 

Die Person des Attentäters

Fällt nicht weiter auf, ist durchschnittlich, gehört keiner Clique an, ist ruhig und gleichgültig. Er hängt mit niemandem ab und macht sich nichts aus Religion. Hasst die Welt und die Menschen, weil sie sie nicht interessieren. Seine nihilistische Einstellung formt während des Plots eine Allianz mit dem religiösen Fanatiker, der sich seiner bedienen will, um seine eigenen Ziele zu erreichen, ohne zu begreifen, dass dies auf Gegenseitigkeit beruht. Nicht nur der religiöse Idealist, der auch ein Attentäter ist, verhält sich nach Anweisung unauffällig, schließt die Schule ab, übt seinen Beruf aus, trägt seinen Glauben nicht zur Schau, sondern auch der Nihilist, der lediglich auf seine Chance wartet, die Welt hoch gehen zu lassen. Dabei ist er über jeden Verdacht erhaben und nutzt Lage und Menschen aus, um sein Ziel zu erreichen. Denn seine Verachtung vor den Mitmenschen festigt seinen Entschluss einen sogenannten guten Abgang hinzulegen.

 

Die Kinder- und Jugendbuchautorin

Alizé Lavaux lebt von Schreiben. Neben ihren Büchern hält sie Workshops in Schulen ab. Ihr Weg in den Mittelpunkt des Plots führt sie in eine Vorstadtschule, die urplötzlich in einen Ausnahmezustand gerät  und sie entpuppt sich als die am wenigsten bodenständige Figur in dieser Geschichte. Sie hat keine Ahnung, dass sie das Objekt der intimsten Gedanken des Klassenlehrers ist. Ihr Gespür für Stimmungen lässt sie im Stich und die Bücher, die sie geschrieben hat, sind ihr keine große Hilfe, um die Unruhe, die in der Klasse entsteht und dabei zu entgleisen droht, aufzufangen.

Die Buchfigur Alizé ist wirklichkeitsfern und ihre Gedanken kreisen sich um die Zeit nach dem Vortrag, wenn sie schon drauf und dran sein wird, den Zug zurück nach Hause nicht zu verpassen.

 

 

Die letzte Französin
FAZIT

Nicht ohne Klischees, am Rande des Absurden, erzählt die Geschichte um die letzte Französin, wie ein Attentäter an jeder Ecke lauert und der am meisten gefährliche von ihnen übersehen wird, weil keiner damit rechnet, dass diese Person ein Attentat verüben wird.

Denn sie passt nicht unbedingt in ein Schema und war bisher unauffällig. Angst und Gewalt regieren und der Frieden ist mutiert. Paranoia um ein laut Informationen angekündigtes Attentat und Schulen in Alarmbereitschaft sind in der Tagesordnung. Die Einsatzkommandos sind spät dran. Mittendrin die Buchautorin, unterwegs in einer Schule, im Schulhof, in einem behelfsmäßigen Container, die Eskalationen in der Theorie der Fiktion aus ihren Büchern kennt und daher der Realität in diesem Buch nicht gewachsen ist. Das Systemversagen ist auf ganzer Linie, weil die Einzelnen überfordert sind, als es brenzlig wird. Sie sind neben der Spur und Autoritätsfiguren versagen.

Ort der Handlung: Eine Stadt im Westen (Frankreichs)

Eine Bar im Stadtviertel

Ein Informant und ein Undercover-Geheimdienstler stolpern in eine Falle. Es gibt eine Schießerei.

Straße in der Nähe der Bar

Ein Streifenpolizist verwechselt den Geheimdienstler wegen seines Aussehens und seines Verhaltens mit einem Attentäter.

Container als provisorischer Klassenraum

Der Vortrag der Jugendbuchautorin Alizé soll dort stattfinden. Wenig Schüler sind anwesend, der Rest ist wegen der Unruhen zu Hause geblieben. Dann geht der Alarm los.

Verwaltungsgebäude in der Stadt

Besprechung der Funktionäre, um die weiteren Schritte angesichts der Information, dass ein Attentat bevorsteht, zu planen.

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