Die Nürburg-Papiere | Jacques Berndorf

BUCHCOVER

Die Nürburg-Papiere Vor dem Schauplatz Eifel starten zwei Rennstrecken und ein Pfeifenraucher folgt gemächlich einer Spur, die er augenblicklich mit dem Nürburg-Ring verbindet, obwohl der Zusammenhang noch zu klären ist. Lokalkolorit wird groß geschrieben, als der Journalist Siggi Baumeister durch die Eifel fährt.  Währenddessen trifft er Charaktere, die das Alpha und Omega der Handlung sind. Dabei zweifelt er an dem Sinn des Nürburg-Projekts, wie er in seinem ideengebenden „Der Bunker“ zweifelt, dass Millionenprojekte der Eifeler Bevölkerung nutzen.

Die Infos zum Buch

Autor: Jacques Berndorf
Verlag: kbv Verlag- und Mediengesellschaft mbH
Übersetzung: ./.
Erschienen: Mai 2010
Umfang: 363 Seiten
Preis: € 12,00(de)
ISBN: 978-3-940077-78-3

ZIELGRUPPE

Der Nürburg-Ring ist ein Nachkriegsprojekt. Die Gerüchte über Buchhaltungsfehler, Spekulationen, Geldwäsche, Affären um Verschwiegenheitsklauseln in der Eifel und darüber hinaus waren ein Medienspektakel, das sich vor allem in der Provinz abgespielt hat. Die in diesen Jahren erwachsen Gewordenen kennen die Geschichte aus den Medien oder weil sie in der Eifel leben. Die später Geborenen lesen ein Beispiel deutscher Unternehmenskultur und den Versuch, sie von Halbwahrheiten zu trennen, um Hintergründe über wirtschaftliche Zusammenhänge zu erfahren, letztendlich wie der Plot es vermittelt, Privates vom Beruflichen zu trennen.

Kiki’s Rezension: Die Nürburg-Papiere

EINLEITUNG

Ein Haus in Brück, Eifel

Es regnete, es stürmte, die Temperatur lag bei angenehmen drei Grad plus, gewisse niedere Eifelregionen versanken bereits im Matsch, die Schweinegrippe und ihre Verwandten hielten reiche Ernte – aber der Igel kam.

(S.11)

Der Erzähler beschreibt, wie sich sein Kater Satchmo mit einem Igel anfreundet und ihn aus seinem Napf fressen lässt. Auch bei schlechtem Wetter.

Ich war durch Brück gerauscht, ich hatte die kleine Straße zur B410 hinter mich gebracht, ich jagte auf Kelberg zu, kam an der neuen A1 auf dem Radersberg vorbei, tauchte in die tiefen Wälder ein…auf der langen Gerade vor Boxberg gab ich richtig Gas…

(S. 23)

Ich durchfuhr Herresbach und stieß auf die B258 in Richtung Döttingen.

(S. 32)

Die Eifel ist präsent in diesem Krimi überall. In Häusern, Straßen, Wäldern, Flüssen, Menschen.

 

INHALTSANGABE
Die Nürburg-Papiere

Ein anonymer Anruf

führt die Polizei zum Tatort. Es ist eine einsame Gegend in der Nähe spärlicher Behausung. Der Chefermittler hat wegen der Beziehung des Opfers, dessen Name die Anruferin nannte, zum Nürburg Ring den Anruf ernst genommen. Es ist ein Gemetzel und die Obduktion wird Einschüsse von Austritten unterscheiden müssen. Eine Pressekonferenz ist nicht erlaubt. Der Journalist Siggi Baumeister fährt mit seinem Freund, ehemaligem Kriminalrat Rodenstock, mit dem er vor kurzem gestritten hat, dahin. Rodenstock reist in Pantoffeln und ohne den nach seiner Herzoperation obligatorischen Rollstuhl und Siggi Baumeister ist mit Kameras ausgerüstet. Abzüge der Bilder soll er der Polizei übergeben, während er im Gegenzug auf Fotos vom Haus des Verstorbenen hofft.

 

Der Manager der Nürburgring GmbH

Der Tote ist Claudio Bremm, Manager der Rennstrecke der Nürburgring GmbH, das ist die eine Hälfte der Gesamtanlage und Vertreter privater Interessen. Er sollte private Investoren auftreiben, stattdessen bekam er einen millionenschweren Kredit. Bremm ist mal Geldbeschaffer, mal Projektentwickler. Die Rennstrecke ist vom Staat gebaut worden und viele sehen darin ein Problem, besonders weil Repräsentanten des Bundeslandes im Vorstand der GmbH sitzen. Den Unternehmen, die auf dem Gelände der GmbH sitzen, werden Vorteile eingeräumt, z.B. dem Wochenendbetrieb angepasste Öffnungszeiten.  Die neuen Anlagen, sagen Fachleute, werden sich niemals rentieren. Im letzten Halbjahr gab es insgesamt rund 48.000 Besucher, man hätte nach den Prognosen aber 200.000 erreichen müssen.

Die Realität liegt also lächerlich weit unter der Prognose.

Die Infrastruktur in der Eifel ging kaputt und Arbeitsplätze waren bedroht.

 

Die Fotoaufnahmen

Siggi bekommt Besuch von seinem alten Freund Werner, der lange Jahre auf der Straße lebt und von Jennifer aus Südamerika, die vor ihrer Hochzeit abgehauen ist. Während seine Gäste es sich bequem machen, bittet ihn Rodenstock, Fotoaufnahmen von einer Gruppe am Nürburgring zu machen, die laut Informationen der Kölner Unterwelt zuzuordnen ist. Siggi erfährt, dass er eine Genehmigung der Marketingabteilung braucht, um Bilder zu machen, trifft auf Liebhaber der Freikörperkultur mitten im Schnee und wird von einem erzürnten Freund der nackten Hotelgäste verprügelt. Dabei vergisst er allerdings nicht, den Chip von seiner Kamera vor dem Angriff zu verstecken.

 

Morde und zwei Vermisste

Mitten in diesem Durcheinander verschwindet ein Bauer, der gegen die Nürburg-GmbH Anzeige erstattet hatte. Der Mord und der Vermisste ereignen sich fast gleichzeitig. Und kurze Zeit später wird ein zweiter Bauer in seinem Stall erschossen. Rodenstock und Siggi tauchen in Begleitung Werners am Tatort auf und vermuten Zusammenhänge zwischen den Taten.

Die Polizei nimmt einen Verdächtigen fest, der in der Nähe des einen Tatorts mitten in der Nacht gesehen wurde. Dass er ein kleines Waffenarsenal zu Hause hat, macht ihn noch suspekter als er schon ist.

Wenn du als Geschäftsmann da an der Rennstrecke einen Imbiss betreiben willst, musst du erstmal alles mitbringen. Logistik, den ganzen Krimskrams von wegen der Hygiene. Und du musst über die GmbH abrechnen, und du musst deine Wurst und deine Fritten unter Umständen da kaufen, wo die GmbH kauft, und sonst nirgendwo. Ehe du die erste Wurst verkaufst, hast du schon 20.000 an den Haken.

(S. 109)

Das Interesse Siggis gilt nicht nur der Nürburg GmbH. Er ist nebenbei neugierig auf Schaulustige und sucht in dem Durcheinander von Informationen und Ereignissen nach der Wahrheit.

 

INHALTSANALYSE & CHARAKTERISIERUNG

Alter Ego

Siggi ist Journalist. Er ist die Gastfreundlichkeit in Person. Sein großes Herz hat Platz für im Leben Gestrandete, die ein offenes Ohr und eine Übernachtungsmöglichkeit brauchen. Er unterhält eine Hassfreundschaft zu Rodenstock, dessen Wehleidigkeit ihm auf die Nerven geht. Trotzdem ist er an Ort und Stelle, wenn es vor Ort kritisch wird und verschlafene Lebensgeister wieder munter werden.

 

Die richtigen Zusammenhänge

Im Laufe der Recherche muss Siggi enttäuscht feststellen, dass er viele Einzelheiten kennt, sie aber nicht einordnen kann, weil ihm ihre Bedeutung nicht klar ist. Er weiß einfach zu wenig über den toten Projektentwickler und das pleitegegangene Nürburgring 2009-Projekt inklusive Hotel- und Gaststättenbetrieb, Feriendorf und Rennstrecke, wie es vorangetrieben wurde, ohne das jemand vermochte, es zu stoppen, wer die Schulden bezahlen soll und dass die Baustelle aus Rohbauten immer noch die Planungsgeister beschäftigt.

 

Recherche ohne Zeitnot

Siggi will fliehen. Vor der Hektik der Gerüchte, um Ruhe zu finden und sein Ziel zu erreichen. Recherchieren ohne Ablenkungen. Es gelingt ihm nicht, in Ruhe seine Recherchen anzugehen, weil er einerseits in zeitlicher und räumlicher Nähe polizeilicher Ermittlungen ist, andererseits seine Logiergäste, die Ereignisse vor Ort und sein Freund Rodenstock aber auch dessen Ehefrau Emma seine Aufmerksamkeit beanspruchen. Tags und nachts unterwegs, fast nur immer mit dem PKW, kennt er die Eifel wie seine Westentasche. Wie manche aus seinem Bekanntenkreis verbreiten, beschäftigt er sich mit den Problemen einer tiefen Provinz, trotzdem will man einen Zeitungsartikel von ihm lesen, wenn er z.B. über die Nürburg GmbH geschrieben hat.

Als ich mich wieder in mein Auto setzte, war ich einigermaßen durchnässt, und ich trocknete meine Hände am Pullover ab, bevor ich mir eine Pfeife stopfte. Dann rollte ich langsam weiter, um in das gespenstisch leere Parkhaus für 700 Autos zu gleiten. Es war acht Uhr am Abend, und mein Wagen war der einzige in dieser trostlosen Aufeinanderhäufung von Beton. Alle elektronischen Einrichtungen fehlten noch, es war also angenehm, nichts zahlen zu müssen, weil ich nichts zahlen konnte.

(S. 98)

Siggi besieht sich die unfertige Baustelle ohne Rücksicht auf Wind und Wetter. Vor allem konzentriert er sich auf die Atmosphäre, die ihn zum Schreiben inspirieren wird. Zum Beispiel in der Art noch nicht eingebauter Türen, die, so Baumeister, Trostlosigkeit ausströmen.

 

Der ehemalige Kriminalrat und Hobby-Ermittler

Siggis Freund Rodenstock ist ein Misanthrop und eingebildeter Kranker im Alltag und ein passionierter Hobby-Ermittler. Die Suche nach Hintergründen, die die Region, das Land und Straftaten betreffen, belebt den ansonsten depressiv auftretenden Mann. Ausnahmsweise braucht er dann nicht den Rollstuhl, der seine zweite Haut geworden ist, nachdem er am Herzen operiert wurde. Obwohl er gehen kann, besteht er auf diese Mobilität. Nur bei schwer zugänglichen Strecken tauscht er das Fortbewegungsmittel gegen eine Fahrt mit dem Auto oder einen Weg zu Fuß. Wenn Rodenstock Verbrechen wittert, vergisst er kurzfristig seine Wehleidigkeit aber nicht immer seinen Rollstuhl. Die Konstante sind die Fetzen, die zwischen Baumeister, Rodenstock und dessen Ehefrau fliegen, zu allen Tageszeiten und bei jeder Wetterlage. Trotz der Spannungen verfolgen die beiden Männer Spuren, in dem sie sich mit Informationen aus der Polizeiermittlung bedienen.

 

Die Nürburg-Papiere
FAZIT

Novemberdunkel, Schnee und Regen in diesem ironischen Eifel-Krimi verwandelt diesen manchmal unfreiwillig ermittelnden fahrenden Journalisten, der viel lieber mehr Zeit hätte für seine privaten Recherchen, wie es dazu gekommen ist, dass er sich an Frauenbekanntschaften nicht mehr erinnert, zu einem Denker. Nebenbei pflegt er seine Kontakte und erfährt von einer Informationsquelle, dass man heute mit Unterhaltungszentren kein Geld mehr verdienen kann.

Er schreibt nicht nur über sein derzeitiges Lieblingsthema den Nürburgring:

Eigentlich hatten die Eifeler von den vielen verwirrenden Fakten und Gerüchten am Nürburgring die Nase voll. Wirklich punkten konnte man nur mit den ganz dicken möglichen Wahrheiten.

(S. 104)

Sondern auch über die Landschaft, die er rauf und runter bereist:

Ich rollte die breite Asphaltbahn hinunter zum Fluss, wandte mich dann nach links und nahm unter der Burg den Weg nach links zwischen den uralten Häusern. Es folgte das sanfte Rattern der Katzenkopfsteine unter den Reifen, die Szene war gespenstisch leer, auch die Mosel litt unter dem widrigen November. Die Stadt lebte endlich ihr stilles, eigenes Leben, niemand musste zwanghaft freundlich sein, denn Touristen gab es nicht.

(S. 119)

Siggis Suche nach Anhaltspunkten ähnelt seinen Reisen in der Eifel. Sie wird kilometerlang und sie bleibt nicht ungefährlich. Schlussendlich trägt sie durch Risikobereitschaft und unorthodoxen Methoden zur Aufklärung des Falls bei.

Ort der Handlung: Eifel in Deutschland

Unterwegs in der Eifel

Siggi nimmt die B259 über Kelberg und Ulmen nach Cochem an der Mosel. Er fährt langsam, denn es gibt keinen Grund zu hetzen, und selbst im Winter ist es eine schöne, kleine Reise durch viel verschneiten Wald und über freie Wiesenflächen, mit kleinen Orten. (S.118)

Siebenbach

Das Opfer finden sie früh morgens am Waldrand.

Der Erzähler fährt seinen Freund Rodenstock zum Tatort. Der Feldweg ist rutschig. Es hatte wieder zu nieseln begonnen und es war saukalt. (S. 26)

Nitz

Der Bauer Gracht, der gegen die Nürburg GmbH geklagt hat und in seiner Scheune mit Gebrauchttreckern handelt, wird Opfer eines Hinterhalts und verschwindet verletzt mit seiner Frau und der Bargeldkasse.

Kirsbach

Der alte Bauer Lenzen, häufiger Besucher der Rennstrecken, wird Opfer eines Mordanschlags. Siggi Baumeister fährt hin, den Tatort fotografieren.

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