Spiegelberg | Michael Göring
BUCHCOVER
Spiegelberg Roman einer Generation Ich sehe die Welt von oben. Wenn jedes Buch eine Annäherung wäre, ist die Summe der Annäherung der Versuch die Kreuzung, wo man sich trifft, zu finden.
Denn zum Lieben gehören zwei mit all ihren intensiven Erfahrungen, mit ihrer Vergangenheit und mit ihrem Alter ohne Kompromisse. Akrobaten ähnlich wie Grenzüberschreiter gehören dazu.
Die Infos zum Buch
Autor: | Michael Göring |
Verlag: | Osburg Verlag GmbH |
Übersetzung: | ./. |
Erschienen: | Februar 2016 |
Umfang: | 320 Seiten |
Preis: | € 20,00(de) |
ISBN: | 978-3-95510-104-6 |
ZIELGRUPPE
Eine Epoche zum Deutsch lernen
Lebensklug, geistreich und mit großer sprachlicher Sensibilität ist der Kampf der Protagonisten mit dem Anspruch auf Selbstbestimmung einerseits und den Zwängen der eigenen Biografie andererseits. Die Traumata der Generation der heute 50bis 60jährigen, sind Thema des Buchs. Eine Generation, die sich im revolutionären Aufbruch wähnte, um sich dann doch häufig mit Erwartungen zu begnügen.
„Spiegelberg“ animiert zum Deutsch lernen und so wäre Deutsch als Fremdsprache eine Geschichte reicher.
Kiki’s Rezension: Spiegelberg Roman einer Generation
EINLEITUNG
Gibt es einen Täter in diesem Buch?
Wie die Gemeinde mit den ersten Einwanderern umgeht und wie sie Exotik definiert gehört zur Auseinandersetzung des Romans mit den Themen Eigenes und Fremdes. Es ist ein Bericht zwischen 1965 und 2015 über eine Generation, die dahinsiecht. Dazu kommen die Übriggebliebenen. Sie sind zerstritten in ihrer Liebe für ihren Geburtsort und in ihren Erinnerungen an die Vergangenheit.
Junge Täter, die ihre Tat verschweigen. Sie wissen von ihrer Tat, denn sie haben sie nicht vergessen. Sind sie sich ihrer Verantwortung bewusst? Erst später? Oder gar nicht. Martin bekleidet diese Rolle in „Spiegelberg“.
INHALTSANGABE
Spiegelberg Roman einer Generation
Warum zurück nach Spiegelberg?
Martin steht vor der Entscheidung seines Lebens. Soll er die Professur in Boston annehmen? Alles einfach hinter sich lassen und in der Ferne glücklich werden? Da zwingt ihn der Tod seines Jugendfreundes in eine andere Richtung. Jedenfalls vorläufig. Der Besuch in der alten Heimat wird für ihn und seine Partnerin Nina zu einer Zeitreise in die Vergangenheit. Hier, in der Siedlung Spiegelberg, hatte alles begonnen. Sieben Freunde, Freunde fürs Leben.
Die 60er und 70er Jahre
Sie waren wilde und in vieler Hinsicht katastrophale Jahre zwischen Gewalt, Zurückweisung und sprachlosen Eltern. Nicht zu vergessen, sie waren noch erfüllt von den Schrecken des Krieges. Martin erkennt, dass ihn sein Ursprung bis heute gefangen hält. Und nicht nur ihn. Hat es überhaupt einer der Freunde jemals geschafft, seine Vergangenheit und den Spiegelberg hinter sich zu lassen? Erinnerungen. Beziehungen. Gespenster. Gräber. Sinnestäuschungen. Schweigen. Beerdigungen. Und zwei Hinterbliebenen. Nina und Martin. 50 Jahre nach den 1960er und 1970 Jahren ist der Friedhof von Spiegelberg der einzige Platz für die Toten im Fluß des Lebens. Und für die Lebenden.
INHALTSANALYSE & CHARAKTERISIERUNG
Hausgewalt
Es gibt Hausgewalt in vielen Abstufungen, die nicht gemeldet wird. Grausamkeit. Kleinlichkeit. Die Elterngeneration der 60er Jahre in all ihren Facetten rechtfertigt ihr Tun. Sie wird schnell alt. Sie nimmt ihre Sterblichkeit wahr. Die Kindergeneration folgt ihr. Die Generationen entfremden sich. Ansichten verkrusten. Der Schnitt durch die Generationen ist unwiderruflich.
Die Sorge um das Wohlwollen manifestiert sich in Gewalt. Misstrauen. Unsicherheiten. Unausgesprochenes. Verborgene Wünsche. Vorurteile. All das gehört zum Alltag.
Der Friedhof wird zum Treffpunkt
Wie ein Weg. Wie eine Karte durch einen Friedhof, dessen Gräber Geschichten erzählen, sobald man sie wachruft. Psychische Gewalt und körperliche Gewalt sind Gewohnheit. Letztere wird von ersterer bei aufsteigendem Alter des Kindes ersetzt. Doch Gewalt bleibt Gewalt.
Rückkehr zu den frühen Toten und zu dem Ort der Kindheit
Leben und Sterben in frühen und in späten Zeiten, als die Kindheit noch geblüht hat. Oder das Älterwerden das Heute und das Morgen verblassen ließ. Die frühen Tode der ehemaligen Spielgefährten halten die Überlebenden fest am Ort. Nicht nur das, sie proben ihre Alterslosigkeit.
Jähzorn verjährt nicht. Seine Konturen lassen sich schärfer nachzeichnen. Die Verschonung seines Ausbruchs sucht und findet keine Streitschlichtung. Kein Frieden bei älteren und neueren Grabstätten. Es fehlen die Worte, die erklären. Es ist unmöglich Beziehungskrisen zu verbalisieren, folglich Emotionen zu begreifen.
Kindheit war das nicht. Das Erwachsenenwerden schritt zügig vor sich. Und es färbte Stimmungen früh grau. Unvollendete Liebesbeziehungen. Sie ertränken die Gegenwart. Ihre Forderung nach Wegen malt das Bild eines Romans der Lebenschancen und die (Un)möglichkeit der Mobilität.
Die 1960er Jahre
Das späte Erwachen der Sexualität vielleicht aufgrund der alltäglichen Gewalt lässt das Leben in den 60er Jahren festfrieren. Je später das Jahrzehnt, desto weniger Bindungen werden sichtbar. Nach dem Erzählen der persönlichen Geschichten kommt das Schweigen. Und der Tod ist sein Bote. Die Zeit scheint still zu stehen. Die Ereignisse rahmen sie ein, während der Erzählfluss passiert. Jeder dieser einst jungen Generation fügt sich Schmerzen zu. Nachdem ihnen als Kinder wehgetan wurde. Was bleibt und nicht sprachlos ist, sind die Narben. Und die neue junge Generation, die von der Trauer nicht erreicht wird.
Ist Trauer ewig?
Mechanisch wird der Trauer entgegengeblickt. Mechanisch wird der Traurigkeit entgegengetreten.
Der Friedhof wird zum Treffpunkt,
sagt Martin zu Nina, in Michael Göring, Spiegelberg, S. 311.
Das sind die zwei Überlebenden einer Kindergruppe.
Martin flieht ein Leben lang vor der Tat, die er in der Kindheit beging. Nina konfrontiert das Unbewältigte mit Sarkasmus. Geheimnisse mit Schweigen.
Der Rest ist Kopfkino mit Anteilen an einer entfernten Realität.
Spiegelberg Roman einer Generation
FAZIT
Sind die Toten wirklich die Lücken in der Biographie?
Annäherung Spiegelberg beleuchtet eine Epoche. Einen Ort. Lebensweisen. Frühe 60er Jahre. Mobbing in Klassen. Schlägereien. Alltäglichkeiten. Der Anspruch eine Reaktion hervorzuholen ist omnipräsent.
Ein Mensch schafft es, Francoise Sagan zu widersprechen. Gegen die Strömung der Tristesse, gegen den Strom der Modellhaftigkeit. Reihenhausidylle adieu.
Flachmänner bevorzugt. Was fehlt sind die Szenenbeschreibungen und die stilistischen Stimmungsaufheller zwischendurch.
Was noch fehlt sind die Toten. Wolfgang. Sebastian. Ilona. Heiner. Und vor allem Paul.
Und die Kinder.
Ort der Handlung: Spiegelberg (Westfalen)
Das Dorf Spiegelberg
hat mit der Spiegelberg Schlossruine nichts gemeinsam.
Der Spiegelberg
ist nicht Köln-Chorweiler, es ist auch nicht Neubiberg in München oder Mümmelmannsberg in Hamburg. Es ist eine in die Jahre gekommene Wohnsiedlung mittlerer Größe in einer westfälischen Mittelstadt. (S.73)
Der Lippe Fluß
erinnert mit der Überschwemmung 1965 an den Vorfall, der mindestens einem Kind das Leben kostete, in „Spiegelberg“ zu lesen.
Hamburg, Berlin, Haifa, Köln und München
stehen als Fluchtpunkte im Roman, die die Sehnsucht nach der verlorenen Sicherheit der Kindheit markieren.